Gemeindenachricht

Gutachterausschuss beschließt rückwirkende Korrektur der für die Grundsteuer relevanten Bodenrichtwerte zum Stichtag 01.01.2022

Wie können Grundstückseigentümer erkennen, ob sie von der Korrektur betroffen sind? Eine ausführliche Anleitung.

Der Zusammenschluss der Gutachterausschüsse Althengstett, Bad Herrenalb, Bad Liebenzell, Bad Teinach-Zavelstein, Bad Wildbad, Calw, Dobel, Enzklösterle, Gechingen, Höfen an der Enz, Neubulach, Neuweiler, Oberreichenbach, Ostelsheim, Schömberg, Simmozheim und Unterreichenbach zum Gemeinsamen Gutachterausschuss bei der Stadt Calw hat die Geschäftsstelle vor große Herausforderungen bei der Erstellung der Bodenrichtwertkarten zum Stichtag 01.01.2022 gestellt. Die Bodenrichtwertkarten der einzelnen Gutachterausschüsse waren sehr unterschiedlich gestaltet, teilweise waren Bodenrichtwertkarten noch nicht vorhanden.

Durch die Fristsetzung, dass die Bodenrichtwertkarten zum Stichtag 01.01.2022 spätestens bis zum 30.06.2022 zu veröffentlichen waren, konnten diese Karten nicht ausreichend detailliert unter Einbeziehung der bauplanungsrechtlichen Bestimmungen erarbeitet beziehungsweise überarbeitet werden. Wichtige Bodenrichtwertzonen, die einen korrekten Bodenrichtwert in Bezug auf die tatsächliche Nutzung ausgewiesen hätten, fehlen. Dies führt bei der Anwendung des Landesgrundsteuergesetzes vielfach zu nicht korrekten Grundsteuerwerten, die nichts mit dem tatsächlichen Bodenwert des Grundstücks gemein haben.

Vor diesem Hintergrund stellte der Gemeinsame Gutachterausschuss bei der Stadt Calw in seiner Sitzung am 13.06.2023 fest, dass die Bodenrichtwertkarten zum Stichtag 01.01.2022 vielfach fehlerbehaftet sind und deshalb rückwirkend geändert werden müssen, um eine gerechte Ermittlung der Grundsteuer zu gewährleisten. Er hat daher eine rückwirkende Korrektur der Bodenrichtwertkarten zum Stichtag 01.01.2022 beschlossen.

Voraussichtlich ab dem 1. August 2023 können nach Informationen der Oberfinanzdirektion Karlsruhe diese überarbeiteten Karten in das Grundsteuer-B-Portal von BORIS-BW, dem Bodenrichtwertinformationssystem der Gutachterausschüsse in Baden-Württemberg, eingestellt werden. Dieses ist unter der Adresse www.gutachterausschuesse-bw.de erreichbar.

BORIS-BW

BORIS-BW hat zwei Module. Zum einen den städtebaulichen Teil „BORIS-BW“ und zum anderen den Teil für die Grundsteuer „Bodenrichtwerte Grundsteuer B“. Die Auswahl erfolgt direkt nach dem Aufruf von BORIS-BW. Das jeweils aktive Modul ist grün hinterlegt. Geändert werden kann die Auswahl durch Anklicken des jeweils anderen, weiß hinterlegten Moduls.

Ein Bild mit screenshot als Leitfaden durch die Internetseite BORIS-BW

Um zum jeweiligen Bodenrichtwert zu gelangen, geben Sie im Idealfall den Namen der Gemarkung und die Nummer des Flurstücks ein. Alternativ kann bei bebauten Grundstücken auch die postalische Adresse verwendet werden. Einfacher ist es jedoch über die Flurstücksnummer.

Um zu prüfen, ob Ihr Grundstück von der rückwirkenden Korrektur betroffen ist, verwenden Sie bitte ausschließlich das städtebauliche Portal von BORIS-BW. Im nachfolgenden Beispiel wählen wir das Flurstück 185 in der Gemarkung Hirsau.

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Nach Auswahl des Eintrags „Calw (Hirsau, Flur 0, Flst. 185/0) wird das Grundstück in der Bodenrichtwertkarte angezeigt. Wir sehen, dass mitten durch das Grundstück eine rote Linie verläuft, die das Grundstück in zwei Teilflächen teilt. Angezeigt wird der aktuelle Bodenrichtwert zum Stichtag 01.01.2023 mit einem Wert von 260 €/m², da der blaugraue Pin in der Bodenrichtwertzone der Wohnbaufläche mit der Bodenrichtwertnummer 41620507 „steckt“. Daher ist auch die gesamte Bodenrichtwertzone blaugräulich teiltransparent dargestellt.

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Rechts oben, unterhalb des Wappens von Baden-Württemberg, gibt es einen Schieberegler, mit dem historische Bodenrichtwerte angezeigt werden können. Ist dieser aktiv (grün hinterlegt), wird die frühere Bodenrichtwertkarte zum Stichtag 01.01.2022 parallel zum aktuellen Jahrgang (01.01.2023) eingeblendet.

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In der Bildmitte erscheint zudem ein Slider (Schieberegler). Über diesen kann gesteuert werden, welche der beiden Karten angezeigt werden soll. Links vom Slider wird die Bodenrichtwertkarte zum 01.01.2023, rechts vom Slider die Bodenrichtwertkarte zum 01.01.2022 angezeigt.

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Im vorliegenden Beispiel ziehen wir den Slider nun weiter nach links, so dass sich das gesamte Flurstück 185 rechts vom Slider befindet und damit für das Flurstück 185 die Bodenrichtwertkarte zum Stichtag 01.01.2022 vollständig angezeigt wird.

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Wir können feststellen, dass die rote Linie, die die Grenze der Bodenrichtwertzone darstellt, nun nicht mehr durch das Flurstück verläuft, sondern entlang der westlichen Grundstücksgrenze am Waldrand. Das bedeutet, dass das Flurstück 185 in der Bodenrichtwertkarte zum Stichtag 01.01.2022 vollständig der Bodenrichtwertzone Wohnbaufläche mit der Bodenrichtwertnummer 41620507 zugewiesen war. In der neuen Bodenrichtwertkarte zum Stichtag 01.01.2023 ist nur noch eine Teilfläche der Wohnbaufläche zugewiesen. Wir haben es hier also mit einem Grundstück zu tun, das von der Korrektur der Bodenrichtwertzonen im positiven Sinne betroffen ist. Denn durch die Korrektur reduziert sich der Grundsteuerwert und damit letztendlich auch die zu zahlende Grundsteuer sehr erheblich.

Durch die rückwirkende Korrektur gilt nun für die Ermittlung des Grundsteuerwerts die neue Zonenabgrenzung aus der Bodenrichtwertkarte zum Stichtag 01.01.2023, nicht jedoch deren Wert von 260 €/m². Der Grundsteuerwert wird unverändert mit dem Bodenrichtwert zum Stichtag 01.01.2022 ermittelt, welcher bei 220 €/m² lag.

Wie wirkt sich die Änderung in diesem Beispiel nun konkret aus?

Bei der Ermittlung des Grundsteuerwerts gilt der Grundsatz: Bodenrichtwert x Grundstücksgröße. In der „alten“ Bodenrichtwertkarte zum Stichtag 01.01.2022 lag das Flurstück 185 vollständig in der Bodenrichtwertzone für Wohnbauflächen. Der bisherige Grundsteuerwert betrug somit 302.060 € (220 € x 1.373 m²).

In der rückwirkend korrigierten Bodenrichtwertkarte zum Stichtag 01.01.2022 liegt das Flurstück 185 nun in zwei Bodenrichtwertzonen. Zum einen unverändert in der Bodenrichtwertzone Wohnbaufläche mit der Bodenrichtwertnummer 41620507 und einem Bodenrichtwert von 220 €/m², allerdings nur noch mit einer Teilfläche von rd. 734 m². Die zweite Teilfläche mit rd. 639 m² befindet sich in der neu und rückwirkend eingeführten Bodenrichtwertzone „Private Grünfläche“ (Bodenrichtwertnummer 41629600) mit einem Bodenrichtwert von 38 €/m². Der „neue“ bzw. korrigierte Grundsteuerwert für das Flurstück 185 beträgt nach der Änderung 185.760 € (220 € x 734 m² + 38 € x 639 m²). Eine deutliche Reduzierung um mehr als 38 Prozent.

Im Modul für die Bodenrichtwerte Grundsteuer B werden neben den Bodenrichtwerten auch die Grundstücksgrößen angezeigt. Liegt ein Grundstück in zwei Bodenrichtwertzonen, werden auch die jeweiligen Teilflächen in ihrer Größe automatisch ermittelt und es kann der jeweilige Bodenrichtwert angezeigt werden.

Da wir zum jetzigen Zeitpunkt die korrigierten Bodenrichtwertkarten noch nicht in das Modul für die Grundsteuer B hochladen konnten, stellen wir Ihnen die Funktionsweise abweichend von unserem bisherigen Beispiel an einem anderen Grundstück dar, das bereits in der „alten“ Bodenrichtwertkarte in zwei Bodenrichtwertzonen gelegen hat.

Im vorliegenden Beispiel handelt es sich um das Flurstück 90/5 in Höfen an der Enz. Das Flurstück ist insgesamt 1.298 m² groß und liegt mit einer Teilfläche von rd. 613 m² in der Bodenrichtwertzone Wohnbaufläche mit der Bodenrichtwertnummer 41250111 und einem Bodenrichtwert von 180 €/m². Die zweite Teilfläche (Restfläche) mit rd. 685 m² liegt im sogenannten Außenbereich. Hier liegen mehrere Bodenrichtwertzonen deckungsgleich übereinander. Es ist der Bodenrichtwert zu wählen, dessen Art der Nutzung mit der tatsächlichen Nutzung der Teilfläche übereinstimmt oder dieser am nächsten kommt.

Bei Teilflächen wird immer die größere Teilfläche als Teilfläche 1 zuerst angezeigt, und zwar unabhängig davon, auf welcher Teilfläche sich der blaugraue Pin befindet. Das kann im ersten Moment sehr verwirrend sein, da man intuitiv davon ausgeht, dass einem der Wert für die Teilfläche angezeigt wird, in die man geklickt hat oder in der sich der Pin befindet. Es wird aber ausnahmslos immer die größere Teilfläche als Teilfläche 1 dargestellt.

Ein Bild mit screenshot als Leitfaden durch die Internetseite BORIS-BW

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Zusammenfassend

Im städtebaulichen Modul BORIS-BW kann durch Auswahl des Schiebereglers „Historische Richtwerte“ mittels eines Sliders zwischen den beiden Bodenrichtwertkarten zum Stichtag 01.01.2022 und zum Stichtag 01.01.2023 hin und her gewechselt werden. Verändert sich die rote Linie der Zonenabgrenzung, so ist das entsprechende Grundstück von der rückwirkenden Korrektur betroffen.

Anschließend ist in das Modul für die Bodenrichtwerte Grundsteuer B zu wechseln. Dort können die Teilflächen und die jeweiligen Bodenrichtwerte abgelesen werden. Hierbei ist darauf zu achten, dass im Außenbereich mehrere Richtwertzonen deckungsgleich übereinander liegen und der Bodenrichtwert gilt, der der tatsächlichen Nutzung entspricht oder dieser am nächsten kommt.

Bitte beachten Sie, dass die rückwirkend korrigierten Bodenrichtwertkarten dort voraussichtlich erst ab dem 1. August 2023 zur Verfügung stehen werden.

Was müssen Sie jetzt tun?

Nichts! Das zuständige Finanzamt arbeitet aktuell an einer technischen Lösung, so dass bereits ergangene Bescheide automatisch geändert werden. Hierzu haben wir ergänzend folgende Information vom Finanzamt erhalten: „Die betroffenen Steuerpflichtigen müssen dafür nichts veranlassen. Auch ein Einspruch ist hierfür nicht erforderlich. Wir weisen darauf hin, dass die Änderung der Bescheide voraussichtlich erst ab dem 2. Halbjahr 2024 erfolgen wird und bitten um Geduld. Die Grundsteuer, die ab 2025 zu zahlen ist, wird dann entsprechend angeglichen."

Hilfe

Bei Fragen und Problemen dürfen Sie sich jederzeit vertrauensvoll an die Geschäftsstelle des Gutachterausschusses wenden. Wir helfen Ihnen gerne weiter.

Sie erreichen uns telefonisch unter 07051 167411. Alternativ können Sie uns eine E-Mail an info(at)gutachterausschuss-calw.de zukommen lassen.

Weitere Informationen:

Gemeinsamer Gutachterausschuss bei der Stadt Calw